Aus der unlängst erfolgten Pfandbewertung durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergibt sich, dass die Beteiligungsgesellschaften Erste Oderfelder Beteiligungsgesellschaft GmbH & Co. KG (EOB) für das Geschäftsjahr 2014 und LombardClassic 3 GmbH & Co. KG (LC3) für 2015 keine Gewinne ausweisen können. Dies teilten die Beteiligungsgesellschaften ihren Anlegern schriftlich mit. Die EOB fordert deshalb von den Anlegern bzw. stillen Gesellschaftern, deren Beteiligungen noch laufen, die Zahlungen zurück, welche diese in Erwartung eines Gewinns für das Geschäftsjahr 2014 vorab erhielten. Die LC3 fordert die Ausschüttungen für 2015 zurück.

Seitdem wird diskutiert, ob die Rückforderung dem Grunde nach berechtigt ist, was in vertraglicher Hinsicht dafür oder dagegen spricht und ob man mit Schadensersatzansprüchen „aufrechnen“ kann. Selbstverständlich ist jeder Beitrag geprägt von Wunschzielen, je nachdem, aus welcher Perspektive und mit welchem Zweck er beigesteuert wird. Nachdem bislang hauptsächlich aus der Perspektive von Anlegern und Anlegeranwälten veröffentlicht wurde – ob nun gestützt von Finanzdienstleistern oder nicht –, sollen mit diesem Beitrag die Eckpunkte aus Sicht der Beteiligungsgesellschaften zur Debatte beigesteuert werden.

  1. Einordnung der Beteiligungsverträge

Für die Auslegung der Beteiligungsverträge sowie weitere gesellschaftsrechtliche Konsequenzen kommt es darauf an, ob es sich bei dem Anlagevertrag mit der EOB und LC3 um eine zweigliedrige oder mehrgliedrige stille Gesellschaft handelt. Eine zweigliedrige stille Gesellschaft liegt vor, wenn jeder stille Gesellschafter für sich allein mit dem Inhaber des Handelsgeschäfts in einem Gesellschaftsverhältnis steht bzw. sich die Rechtbeziehungen auf den Inhaber des Handelsgeschäfts beschränken; vgl. BGH II ZR 354/02, U. v. 19. Juli 2004, Gründe III.; BGH II ZR 383/12, U. v. 19. November 2013, Gründe II. 2.. Bei der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft beschränken sich die Rechtsbeziehungen nicht auf das Verhältnis des jeweiligen stillen Gesellschafters zum Inhaber des Handelsgeschäfts – hier der EOB und der LC3 –, sondern mehrere stille Gesellschafter und der Inhaber des Handelsgeschäfts sind miteinander in einem Gesellschaftsverhältnis verbunden. Ob ein zweigliedriges oder ein mehrgliedriges stilles Gesellschaftsverhältnis besteht, richtet sich wiederum nach den Bestimmungen des Beitrittsvertrags; vgl. BGH II ZR 310/14, B. v. 22. September 2015, Gründe II. 1. b) aa).

Die stillen Beteiligungsverträge der EOB und der LC3 beinhalten keine Regelungen, welche das Rechtsverhältnis der Anleger untereinander gestalten oder auch nur Bezüge zueinander aufweisen (wie zum Beispiel bei Vorschriften zur Abstimmung von gemeinschaftlichen Entscheidungen oder zur Installation einer Anlegervertretung). Dies gilt auch aus der Sicht eines durchschnittlichen, verständigen Anlegers, da schlicht keine anderweitigen Regelungen vorhanden sind also solche zwischen dem jeweiligen Anleger und der Beteiligungsgesellschaft. In § 1 Abs. 5 der Beteiligungsverträge der EOB und LC3 wird zudem explizit von „separaten“ stillen Gesellschaften zu entsprechenden Bedingungen gesprochen. Es handelt sich folglich um zweigliedrige stille Beteiligungen.

  1. Auslegungsmaßstab

Propagiert wird unter anderem, dass sich aus den stillen Beteiligungsverträgen ergäbe, dass die Beteiligungsgesellschaften Ausschüttungen nicht zurück fordern könnten. Teilweise wird hierbei auf eine objektive Betrachtung abgestellt. Denn bei einem zweigliedrigen stillen Gesellschaftsverhältnis richtet sich die Auslegung des Vertrags gemäß §§ 133, 157 BGB i.V.m. § 242 BGB nach dem Empfänger bzw. dem (objektivierten) Verständnishorizont des beitretenden durchschnittlichen Anlegers; vgl. BGH II ZR 310/14, B. v. 22. September 2015, Gründe II. 2.; BGH II ZR 218/00, U. v. 27. November 2000, Gründe II. 1. b). Überdies unterliegen Verträge über stille Beteiligungen, die formularmäßig gegenüber einer Vielzahl von Anlegern verwendet werden, einer ähnlichen Kontrolle (gemäß § 242 BGB) wie Allgemeine Geschäftsbedingungen, vgl. BGH II ZR 218/00, U. v. 27. November 2000, Gründe II. 1.; BGH II ZR 310/14, B. v. 22. September 2015, Gründe II. 1. a).

  1. Spezielle Vertragsinhalte

Die Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters ist in den Beteiligungsverträgen mit der EOB und der LC3 leicht unterschiedlich ausgestaltet. Jedoch ist in beiden Verträgen geregelt, dass für die Ergebnisbeteiligung des Anlegers am Jahresüberschuss bzw. am Gewinn (§ 6 Abs. 1 und 2 BV-EOB bzw. § 6 Abs. 2 BV-LC3) der Jahresabschluss maßgeblich ist. Im stillen Beteiligungsvertrag mit der EOB ist eine Verlustbeteiligung vereinbart, laut Vertrag mit der LC3 fällt ein etwaiger Gewinn über dem Maximalsatz der Gesellschaft zu. Vom Jahresabschluss unabhängige bzw. gewinnunabhängige Ausschüttungen sind nicht vorgesehen. Regelungen zur Rückforderung von unberechtigten Ausschüttungen finden sich in den Beteiligungsverträgen nicht.

Die Inhaltskontrolle ergibt im Ergebnis, dass die Regelungen in den übersichtlichen Beteiligungsverträgen kohärent und transparent sind. Auch in den Prospekten, die ggf. Vertragsbestandteil werden, finden sich keine Ausführungen, mit welchen gewinnunabhängige Ausschüttungen versprochen werden.

  1. Grundlage der Rückforderungen

Soweit die betreffenden Jahresabschlüsse keine Gewinne ausweisen, erfolgten die Ausschüttungen ohne Rechtsgrund, weshalb sie grundsätzlich gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zurück gefordert werden können. Vertragliche Regelungen zur Rückforderung unberechtigter Ausschüttungen existieren nicht.

 

Die Beteiligungsgesellschaften sind gehalten, bestehende Ansprüche einzufordern und notfalls gerichtlich durchzusetzen, sowohl im Interesse des Gesellschaftsvermögens wie auch im Interesse der stillen Gesellschafter.

 

  1. Einwand des vertraglichen Vorbehalts

 

Soweit mit Hinweis auf BGH II ZR 73/11 geltend gemacht wird, dass entsprechend den Ausführungen im BGH-Urteil eine Rückforderung vertraglich vorgesehen sein müsste, ist dies nicht einschlägig. Es handelt sich bei den stillen Beteiligungen nicht um Publikumspersonengesellschaften, und in den Beteiligungsverträgen sind keine gewinnunabhängigen Ausschüttungen vorgesehen. Darüber hinaus gelten nicht dieselben vertraglichen Auslegungsmaßstäbe.

  1. Einwand unselbständiger Rechnungsposten

Bei der Abwicklung stiller Gesellschaften bilden die einzelnen Ansprüche der Gesellschafter gegeneinander unselbständige Einzelposten in der Auseinandersetzungsrechnung, vgl. BGH II ZR 333/14 (U. v. 8. Dezember 2015), Gründe II. 2. mwN.. Derzeit fordern die Beteiligungsgesellschaften die Ausschüttungen in noch laufenden Beteiligungsverhältnissen zurück. Bei (wirksam) beendeten Beteiligungen wollen die Gesellschaften etwaige Negativsalden – soweit sie sich ergeben – einfordern.

  1. „Aufrechnung“ mit Schadenersatz

Soweit propagiert wird, dass man mit Schadenersatzansprüchen „aufrechnen“ könne vor dem Hintergrund der aktuellen Pfandbewertung, impliziert dies wenigstens eine Pflichtverletzung der Beteiligungsgesellschaften bzw. ihrer Geschäftsführungen. Soweit dies im Zusammenhang mit dem Pfandgeschäft steht, ist zu beachten, dass dieses gerade nicht von den Beteiligungsgesellschaften zu verantworten war.

Soweit teilweise sogar von möglicherweise „kriminellen“ Vorgängen geschrieben wird, gilt in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht zudem, dass selbst der Umstand, dass ein stiller Gesellschafter durch betrügerisches Verhalten des Geschäftsinhabers zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags bestimmt worden wäre, es nicht rechtfertigen würde, die durch die Invollzugsetzung des Gesellschaftsverhältnisses geschaffenen Rechtstatsachen rückwirkend zu beseitigen und statt des Gesellschaftsrechts die allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts zur Anwendung zu bringen; vgl. BGH II ZR 383/12 (U. v. 19. November 2013), Gründe II. 1. mwN..

Aus den aktuellen Vorwürfen um das Pfandgeschäft einen Schadenersatzanspruch bei der Aufklärung abzuleiten, würde zudem voraussetzen, dass – angebliche – Ausführungsfehler mit Prospektfehlern gleichzusetzen sind, was nicht der Fall ist. Oder man müsste die Ansicht vertreten, dass Pflichtverletzungen des Managements (im Zusammenhang mit dem Pfandgeschäft?) aufklärungspflichtig sind. Doch auch dies sieht der BGH anders, vgl. BGH III ZR 365/13, U. v. 11. Dezember 2014, Gründe II. 3. b). Pflichtwidrigkeiten sind regelmäßig kein spezifisches Risiko einer Kapitalanlage und von daher bereits per se nicht aufklärungspflichtig.

Soweit auf einen Aufklärungsfehler durch die Finanzdienstleister gesetzt wird, gilt es zu bedenken, dass es keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beteiligungsgesellschaft aufgrund einer Aufklärungspflichtverletzung gäbe, ohne dass der betreffende Vermittler oder Berater ebenso dafür haftet. Ob dabei eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung greift, worauf einzelne Anlegervertreter wohl abzielen, ist nicht klar und eine Frage des Einzelfalls. § 34f GewO gilt erst seit Januar 2013; zudem muss geprüft werden, ob versicherungsvertragliche Voraussetzungen erfüllt sind (z.B. das Vorliegen eines IDW-Gutachtens oder einer hinreichenden Dokumentation).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Daniel Blazek

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht